Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Portugal

Roland Thalmair, München

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Portugal

I. Entstehung und Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Der Siegeszug der liberalen Revolutionen am Anfang des 19. Jahrhunderts führte, wie in den meisten europäischen Staaten, auch in Portugal zur Entstehung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Die im Jahre 1845 in Portugal errichtete Verwaltungsgerichtsbarkeit knüpfte dabei an das Vorbild des französischen Staatsrates (Conseil d´État) an und entsprach dem Grundgedanken eines verwaltungsinternen Rechtsschutzes gegen die Eingriffe der Verwaltung in die subjektiven Rechte der Bürger.

Der Umfang dieses Rechtsweges und die Bezeichnung seiner Organe hat im Laufe der Zeit verschiedene Änderungen erfahren, bis letztlich die Reform im Jahre 1933 den endgültigen Namen und die ausschließlich judikative Aufgabe des Obersten Verwaltungsgerichts (Supremo Tribunal Administrativo) festgelegt hat. So hatte die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuvor etwa zeitweise zusätzlich beratende Aufgaben übernommen und das Oberste Verwaltungsgericht hatte auch schon einmal die Namen „Staatsrat“ und „Oberster Verwaltungsrat“.

Vom französischen Modell, das die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Bestandteil der Verwaltung und mithin als deren Selbstkontrolle auffasste, hat sich der portugiesische Gesetzgeber seit dem Anfang dieses Jahrhunderts zwar stufenweise aber entschieden entfernt. Vor allem in den letzten Jahrzehnten hat sich in Portugal – in Anknüpfung an das alte süddeutsche, d. h. österreichische und württembergische System – der Gedanke durchgesetzt, dass eine wirksame Rechtskontrolle der Verwaltung durch unabhängige Gerichte gewährleistet werden muss, um dem Grundprinzip des modernen Rechtsstaates zu entsprechen………..

VI. Absolute Unabhängigkeit des Richteramtes von der Regierung

Eine Besonderheit der portugiesischen Gerichtsbarkeiten stellt die absolute Unabhängigkeit des Richteramtes von der Regierung dar. Denn, was den Verwaltungsrechtsweg angeht, so kommt die Ernennung, die Versetzung, die Beförderung aller Richter, die Benotung der Richter erster Instanz und die Ausübung der Disziplinargewalt gegenüber den Richtern nicht dem Justizminister oder der Regierung zu, sondern einem Rat, der sich wie folgt zusammen setzt:

als Vorsitzender der Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts, gewählt von den Richtern dieses Gerichts,
zwei Richter des Obersten Verwaltungsgerichts, gewählt von ihren Kollegen,
der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, der von den Richtern dieses Gerichts gewählt wird,
zwei Richter erster Instanz, gewählt von ihren Kollegen,
fünf bekannte Juristen, ernannt vom Parlament.

Aus: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2001 Seiten 1367 ff.
VERLAG C.H.BECK

 

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