Gewaltenteilung in Deutschland

40. Deutscher Juristentag 1953

1953
40. Deutscher Juristentag (Sieg der Reformgegner?)

Aus dem Text:

Gutachter Prof. Dr. Ridder:
„….Es gibt keine „rechtsprechende Gewalt“….in der Demokratie des Grundgesetzes….“
Prof. Dr. Schmidt:
„….Ich habe den Art. 92 und den Art. 20 GG zu sehen und zu verstehen gesucht auf dem Hintergrunde der ganzen ungeheuer bewegten Justizgeschichte unseres Volkes, in der es doch wirklich dramatische Erscheinungen gegeben hat, Erscheinungen, aus denen man ganz deutlich sehen kann, wie gefährlich die reine Parteipolitik und die Machtpolitik der Unabhängigkeit der Rechtsprechung oft genug geworden ist und jeden Augenblick wieder werden kann….Ist es wirklich „verfassungswidrig“, wenn man den Versuch macht, den Sinn des Art. 92 und 20 GG bis zum Letzten zu erschöpfen und daraus die Konsequenzen zu ziehen, Konsequenzen, die, zugegeben, einmal etwas anders aussehen als das bisher übliche Bild der Justizverwaltung?….Es braucht nicht gleich ein totalitärer Umbruch zu sein, sondern es kann eine Parteikonstellation sein, die an die Spitze der Justizverwaltung eine Persönlichkeit führt, die keine anderen Absichten hat, als von rein parteipolitischen, und d. h. nach meinem Dafürhalten unsachlichen Gesichtspunkten aus „….gegen die Justiz und ihre Unabhängigkeit Politik zu….machen….“
Kammergerichtspräsident Dr. Skott:
„….Im übrigen zeigt das Gutachten eine merkwürdige Inkonsequenz….Ich greife einige Stellen heraus. Die betonte Herausstellung der Rechtsprechung als Dritter Gewalt, diese zu den Grundmanifestationen des Grundgesetzes gehörende Vorschrift, bezeichnet er Seite 18 als „unglückliche Terminologie des Grundgesetzes“, aus der „jetzt verstärkt der nebelspendende Wortzauber um die Dritte Gewalt kultiviert“ werde, tut in Anm. 40 die Deduktion, die Prof. Eberhard Schmidt in seiner Abhandlung „Richtertum und Staatsdienst“ an die Einkleidung knüpft, die das Grundgesetz dem Postulat der Dritten Gewalt gibt, als „schwarze Kunst“ ab (Herr Prof. Schmidt hat sich ja schon selbst nachdrücklich dagegen gewehrt), spricht Seite 28 von den „zeitfremden Theaterkothurnen einer Dritten Gewalt“, auf denen sich die Rechtsprechung „spreize“, weist Seite 36 darauf hin, daß die in Frankreich versuchte Lösung des auch dort brennenden Problems auf einem Kompromiß beruhe (was für den Wert und die Brauchbarkeit der Regelung gar nichts besagt),bezeichnet die französische ebenso wie die italienische Regelung als „anachronistische Restaurierung einer Dritten Gewalt“, erschauert unter dem „Schlangenblick der doktrinären Gewaltentrinität“ und nennt Seite 37 das im Grundgesetz ausgesprochene, von ihm mehrfach bekämpfte „Junctim von Gericht und Rechtsprechung“ „einen der vielen von mangelnder Einsicht in die Gesetzlichkeit der Entwicklung von Staat und Verfassung zeugenden Perpetuierungsversuche des Grundgesetzes, die insgesamt geradezu eine Aufreizung zum Verfassungsbruch darstellen“, um dann auf Seite 35 – eine bemerkenswerte Antithese- „die neue sowjetzonale Justizgesetzgebung besonders im Hinblick auf den Versuch, durch den Aufbau eines selbständigen justizministeriellen Unterbaues die Gerichte von dem Ballast der Verwaltung zu befreien, einer Prüfung sine ira sed magno cum studio“ zu empfehlen….“

40. Deutscher Juristentag, öffentlich-rechtliche Abteilung:
Empfiehlt es sich, die vollständige Selbstverwaltung aller Gerichte im Rahmen des Grundgesetzes gesetzlich einzuführen?