Gewaltenteilung in Deutschland

Kriminologie – Eine Grundlegung zum Strafrecht

 

Aus dem Text:

…. Die Beispiele der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus in Deutschland, des Faschismus Francos in Spanien, der Diktatur Salazars in Portugal, des griechischen ObristenRegimes und die Versuche eines staatsautoritären Sozialismus in Osteuropa bilden einen europäischen Fundus für die Erfahrungen mit dem Verlust von Freiheit. An ihnen kann man sehen, was es bedeutet, die Sicherheit eines Staates auf dem Rücken von Freiheitsrechten des Individuums auszubauen. Aus diesen Beispielen kann man lernen, wie die Freiheit zu schützen ist und daß Sicherheit alleine kein guter Ratgeber sein kann ….“

 

Aus:

Peter-Alexis Albrecht

Kriminologie

Eine Grundlegung zum Strafrecht

[Verlag C.H. Beck 2005]

 

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§ 8. Freiheit als Ausgangspunkt

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Freiheit ist Idee, aber auch Bedingung des praktischen Zusammenlebens in einer Gesellschaft, in einem Staat. Sie läßt sich in einem Staat leben, strebt aber zugleich über diesen hinaus. Ohne die historischen Erfahrungen mit dem freiheitsverzehrenden Sicherheitsstaat aus der europäischen Geschichte läßt sich ihr Wert kaum ermessen. Vor dem Hintergrund der schmerzlichen europäischen Erfahrungen liest sich die aktuelle Forderung nach einem „Grundrecht auf Sicherheit“ eher anachronistisch. Der Wunsch nach absoluter Sicherheit endet so lehren uns die europäischen Erfahrungen im Staatsterrorismus. Zollen wir also der Freiheit einen Moment den Respekt, den sie verdient.

A. Menschenwürde und Freiheit

I. Die Idee der Freiheit

1. Freiheitsmodelle der Aufklärung

In der Philosophie der Aufklärung nimmt die Freiheit eine zentrale Position ein. Nicht Sicherheit, sondern Freiheit legitimiert den modernen Staat. Dies hat auch mit der historischen Situation des aufstrebenden Bürgertums im 18. Jahrhundert zu tun. Feudale Strukturen behinderten die wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Aufgrund von Privilegien des Adels waren Wohlstand und die Chancen, diesen zu begründen, ungleich verteilt. Die Gesellschaften Europas erstickten an zu viel Sicherheit: Es war die Sicherheit eines in sich geschlossenen Regierungssystems, das dem Adel alles, den Bürgern nichts gewährte. Das Streben nach Sicherheit des Bestehenden bedeutete für den Bürger Unsicherheit. Das 18. Jahrhundert ist die Zeit für eine Programmatik, die diesen Zustand überwinden sollte. Der französische Philosoph JeanJacques Rousseau (1712 – 1778) faßt die Kritik an diesem Zustand in einem bekannten Satz zusammen: „Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten“ (Rousseau, 1. Kapitel, 5). Die Ketten galt es zu sprengen, jedoch nicht so weit, daß zügellose Macht regiert.

Charles de Montesquieu (1689 – 1745) formuliert den Pragmatismus der politischen Freiheit: Diese bedeute nicht, „daß man machen kann, was man will. In einem Staat, das heißt einer mit Gesetzen ausgestatteten Gesellschaft, kann Freiheit lediglich bedeuten, daß man zu tun vermag, was man wollen soll, und man nicht zu tun gezwungen wird, was man nicht wollen soll“ (Montesquieu, 3. Kapitel, 210). Damit unterscheidet Montesquieu zwischen einer Freiheit, die jedem Menschen weil er Mensch ist zu eigen ist, und einer Freiheit, die jedem Menschen in seinem Verhältnis zu anderen, zur Gesellschaft zugebilligt werden muß. Daß Menschen einen Willen haben, diesen in Sprache und Aktion entäußern können, hängt mit der Bedeutung zusammen, die man dem Menschen zuschreibt. Der Mensch hat eine eigene Würde. Dies ist die Botschaft

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der Aufklärung. Kern dieser Würde ist die Freiheit des Willens. Sie vermag sich jedoch zugleich nur dann zu entfalten, wenn man eine Beziehung zu anderen Menschen aufbaut. Hier wird klar, daß die eigene Freiheit Grenzen hat. Diese endet nämlich dort, wo die des anderen beginnt. Freiheit lebt von der Achtung der Würde anderer. Sie ist die Freiheit des Andersdenkenden, Anderslebenden, Andershandelnden. „Wollen sollen“, wie es Montesquieu philosophisch komplex formuliert, meint eine richtige Freiheit, eine, die in gemeinsamer Übereinkunft und Arbeit mit anderen entsteht und sie lehnt eine falsch verstandene Freiheit ab, eine, die egozentrisch den eigenen Willen zum allgemeinen Maßstab macht.

Akzeptiert man richtige Freiheit, gewinnt man zugleich auch die Sicherheit, die jedes Individuum zu seiner Entfaltung im Denken und Handeln benötigt. Montesquieu gelangt so zu der Schlußfolgerung, die politische Freiheit bestehe in der Sicherheit, oder in der Überzeugung, man habe seine Sicherheit (Montesquieu, XII. Buch, 2. Kapitel, 250). Sicherheit ist demnach nichts anderes als eine ausbalancierte Freiheit aller. Nicht sie geht der Freiheit voraus, sondern Freiheit ist die unverzichtbare Garantie der Sicherheit oder auch nur des Gefühls von Sicherheit.

2. Kant’scher Freiheitsbegriff

Eindringlich formuliert wird die Idee der Freiheit in der Kant’schen Philosophie (Kant, AA IV, 454). Darin wird die Freiheit und nur diese als eigentlicher Grund des menschlichen Daseins dargestellt. „Freiheit (…) ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen, kraft seiner Menschheit, zustehende Recht“ (Kant, AA VI, 237). Neben ihr gibt es keine Zwecke, die allgemein und in jeder Hinsicht unbestritten gelten können. Immanuel Kant (1724 – 1804) stellt die These auf, daß der Mensch ein Zweck an sich sei. Freiheit des Willens zeigt sich bei Kant darin, daß Menschen in der Lage sind, ihre Emotionen zu beherrschen, daß sie unbequeme Entscheidungen treffen können.

Bei Kant wird deutlich, daß mit der Freiheit auch Anstrengung verbunden ist. Von der Freiheit gilt es jeden Tag aufs Neue Gebrauch zu machen, wer sich Bequemlichkeiten überläßt, handelt mit dem, was Kant praktische Vernunft nennt, nicht in Einklang. Die Freiheit ist ein unbequemer Zustand: Probleme, die es zu lösen gilt, haben Menschen zu lösen miteinander. Die Lösung des Problems läßt sich nicht einfach abtreten. Von der Gedankenfreiheit auch praktischen Gebrauch zu machen, ist eine Anforderung, um die Würde als Mensch zu bewahren. Zugleich gilt: niemand kein Staat, kein System hat das Recht, dort, wo der Gebrauch der Freiheit gemeinsam ausgeübt wird und niemandem schadet, Grenzen zu setzen oder ihn gar gewaltsam zu unterdrücken.

II. Freiheit durch Vertrag

1. Vertragsmodell bei Thomas Hobbes

Grenzüberschreitungen hat es immer gegeben, wird es auch immer geben. Menschen dringen in die Freiheitssphären anderer ein und verletzen sie. Das Menschenbild, das den Beginn der Aufklärung markiert, ist ein negatives. Thomas Hobbes (1588 – 1679) prägte die Formulierungen, daß der Mensch dem Menschen ein Wolf sei, und daß aus der Natur des Menschen ein Krieg aller gegen alle resultieren müsse (Hobbes, 115). Dieses Menschenbild geht davon aus, daß ein unkontrollierter Gebrauch der Freiheit einen Zustand begründet, in dem nur Gewalt und das Recht des Stärkeren das menschliche Zusammenleben bestimmen. Diesen Zustand nennt Hobbes den Naturzustand. Für ihn kommt es darauf an, Strategien zu entwickeln, diesem dem Menschen gefährlichen Zustand zu entrinnen.

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Das Ideengebäude, das Hobbes baut, erklärt sich auch aus den politischen Wirren seiner Zeit. Hobbes schreibt sein staatstheoretisches Hauptwerk „Leviathan“ zu Zeiten, in denen in England die politischen Verhältnisse instabil waren und Bürgerkrieg herrschte. Auch über diesen historischen Anlaß hinaus ist das Menschen- und Gesellschaftsbild Hobbes nicht unberechtigt. Gewalt ist ein Problem, das jede Gesellschaft teilt. Sie tritt immer dort auf, wo Macht ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Dabei geht es um die Durchsetzung individueller Interessen. Die Erscheinungsformen der Gewalt sind vielfältig. An erster Stelle steht die körperliche Gewalt. Aber auch psychischer Druck kann Gewalt bedeuten. Blickt man kritischer auf das Problem der Gewalt, kann man eine Form von „struktureller Gewalt“ erkennen. Damit ist gemeint, daß es Sachzwänge gibt, die die freie Entscheidung von Individuen behindern, daß es sittlich-moralische Zwänge in einer Gesellschaft geben kann, denen wir uns unterwerfen. Damit wird Gewalt zu einem umfassenden ubiquitären Phänomen. Es kann den zwischenmenschlichen Bereich bestimmen, ergreift eine Gesellschaft als Ganzes und setzt sich im Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und deren Institutionen fort.

Das düstere Bild, das Hobbes zeichnet, gibt die beständige Existenzfurcht des Menschen wieder. Wendet man diese Furcht positiv, könnte man sagen, daß Konflikte für jedes menschliche Zusammenleben normal sind. Entscheidend ist nur, daß man die Mittel, die zur Konfliktlösung bereit stehen, gerecht verteilt. Nur bei ungleicher Verteilung droht Unfrieden. Damit wären die persönliche Freiheit und die Würde des Einzelnen beständiger Gefahr und unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt.

2. Der Gesellschaftsvertrag als Fiktion der Aufklärung

Das moderne Recht weist den Ausweg aus dem Dilemma des Naturzustandes. Das Strafrecht spielt bei der Einengung und Kontrolle einer drohend ungezügelten menschlichen Freiheit eine wichtige Rolle. Kern der Aufklärung ist die Lehre vom Gesellschaftsvertrag. Philosophen der Aufklärung Hobbes, Rousseau, Locke haben die Lehre vom Gesellschaftsvertrag „entdeckt“ und mit jeweils im Detail voneinander abweichenden Ideen weiterentwickelt. Zunächst ist der Gesellschaftsvertrag in seinem Kern nicht mehr als ein gedankliches Konstrukt, wenn man will, eine „Erfindung der Freiheit“. Mit der Erfindung will man die persönliche Freiheit des Individuums garantieren, soll der für das Individuum gefährliche Naturzustand überwunden werden können. Die Erfindung soll so funktionieren: Im Falle eines Konflikts, also dann, wenn ein anderer unerlaubt in die eigene Freiheitssphäre eindringt, soll der Mensch auf den Einsatz eigener Gewaltmittel, die ihm gerade zur Verfügung stehen, verzichten. Statt eigene Gewaltmittel einzusetzen, überträgt man sie auf einen neutralen Dritten. Dieser übernimmt dann die Lösung des Konflikts, wenn er so schwer ist, daß er die Konfliktbeteiligten überfordern würde. Mit dem wechselseitigen Verzicht auf Gewalt und deren Übertragung auf einen Dritten ist der Staat begründet. Wichtig ist, daß der Verzicht freiwillig erfolgte und daß der neutrale Dritte nur darauf achtet bei aller Sicherheit, die gewährt wird , die individuelle Freiheit des Individuums selbst immer zu wahren. So treten Menschen von dem Naturzustand, den Hobbes mit dunklen Farben ausmalt, in einen Zustand des Rechts ein. Was vorher nur natürliche Gewalt als das Recht des Stärkeren war, wird im Rechtszustand zu einer begrenzten und daher legitimen Gewalt, die der Staat nur im Notfall der Freiheitsverletzung einsetzen darf. Das Recht gebietet der Gewalt Einhalt. Es übt Gewalt dort aus, wo es notwendig ist. Im Unterschied zum Naturzustand bietet das Recht einen Zustand vorhersehbarer, nur in strengen Formen ausgeübter Gewalt an.

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3. Bürgerlicher Rechtszustand bei Kant: Unveräußerliche Kontrolle politischer Macht

Kants Rechtsphilosophie kann man die Einsicht verdanken, daß dieser Zustand gezügelter Gewalt nur mit Vorsicht zu genießen ist. Kant weist darauf hin, daß die Ausübung der Gewalt durch den neutralen Dritten „Staat“ nur den Zweck haben kann, diejenigen zu schützen, die ihre Gewaltmittel freiwillig abgegeben haben. Mit der Delegation der Gewaltausübung ist beharrt Kant keine Aufgabe eigener Freiheiten verbunden. Der Staat lebt nur aus und von menschlicher Freiheit. Er büßt seine Legitimität ein, wenn er die Gewalt, die er ausübt, gegen diejenigen richtet, die einen Teil ihrer Freiheit unter seinen Schutz gestellt haben. Die „Erfindung“ darf sich nicht gegen ihre „Erfinder“ richten. Darin läge ein Widerspruch, der durch die Ideen von Freiheit und Gesellschaftsvertrag gerade ausgeschlossen werden sollte (Kant, AA VI, 315 f.). Was Kant damit meint, läßt sich verdeutlichen, wenn man sich den Gesellschaftsvertrag nicht nur als gedankliches Konstrukt, sondern als praktisch wirksames Recht etwa als gelebte Verfassung vorstellt. In der Verfassung eines Staates gelangt die Idee des Gesellschaftsvertrages vielleicht am unmittelbarsten zum Ausdruck.

a) Die Perversion der Macht in der französischen Revolution: Die Freiheit auf der Guillotine

Dies war in der Geschichte der Aufklärung so, dies ist so in der politischen Gegenwart. In der Geschichte der Aufklärung ragen zwei Beispiele hervor, die deutlich machen, wie unterschiedlich die Erfindung des Gesellschaftsvertrages in politische Wirklichkeit übersetzt wird. Die beiden Beispiele knüpfen an die amerikanische Revolution von 1776 und die französische Revolution von 1789 an. Beide Revolutionen brachten Verfassungen hervor, die bei allen Übereinstimmungen auch prinzipielle Unterschiede im Verfassungsverständnis aufwiesen. Für die amerikanischen Verfassungsväter war das Prinzip der Freiheit eine bereits existente und unverfügbare Tatsache. Die Verfassung sollte dem Umstand des Freiheitsschutzes Rechnung tragen.

Nach dem Verständnis der französischen Revolution galt es hingegen, „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ erst noch zu verwirklichen. Freiheit bildete ein politisches Programm. Wie und mit welchen Mitteln diese Prinzipien sich umsetzen ließen, bestimmte der Souverän das Volk. Volkssouveränität beherrscht die Ausgestaltung der persönlichen Freiheit. Dieser Unterschied ist wichtig und hat weitreichende Folgen (Preuß, 1994, 35): Anders als in der amerikanischen Verfassung gab es aus Sicht der französischen Revolutionäre nichts, über das der Souverän nicht hätte verfügen dürfen. Der Abbé Sieyès schrieb am Vorabend der Französischen Revolution: „Einerlei auf welche Weise eine Nation will, es genügt, daß sie will; alle Formen sind gut und ihr Wille ist immer das höchste Gesetz“ (Preuß, a.a..O).

b) Freiheit als unverfügbares Gut im Staat

Mit diesem Satz ist eine Art Heilslehre verbunden. Der moderne Staat scheint darauf verpflichtet zu sein, für das Glück seiner Bürger zu sorgen. Diese Fürsorge kann erdrückend, aufgezwungen, letztlich auch von hoher Grausamkeit sein. Die Wende der französischen Revolution in die Phase des Terrors, welche die Guillotine neben der Erklärung der Menschenrechte im historischen Gedächtnis der Menschheit fest verankert hat, erklärt sich mit einem übersteigerten wohlfahrtsstaatlichen Denken. Dieses Denken glaubt auf eine fundamentale Weise an das Heilsversprechen von Freiheit und Gleichheit. Es versucht, dieses Versprechen durchzusetzen, mit fast

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jedem Mittel, um beinahe jeden Preis. Schon bald nach dem Beginn der französischen Revolution verwandelte sich die Trias von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ in „Freiheit, Gleichheit und Sicherheit“, wobei letztere die Prinzipien von Freiheit und Gleichheit zu dominieren begann. Daß Freiheit die politische Macht und die Gewalt, die mit ihr verbunden sein kann, begrenzt, war nicht mehr der vorherrschende Gedanke im Verlauf der Französischen Revolution. An den historischen Ereignissen um das Jahr 1789 kann man sehen, daß in der politischen Wirklichkeit der Gedanke einer sicheren Freiheit durch den Schein einer nur freien Sicherheit ersetzt wird. Der Staat reduziert sich auf die Durchsetzung von Souveränität. Auch ein demokratischer Souverän verliert jedoch das Maß, wenn man ihn in seiner Macht als absolut setzt.

Kant mag die historischen Ereignisse in Frankreich vor Augen gehabt haben, wenn er das Festhalten an der persönlichen Freiheit im Staat einklagt. Freiheit im Staat als etwas Unverfügbares einzuklagen, diese Notwendigkeit gilt gerade heute, gerade dann, wenn sich der Zustand des Rechts durch schwere Bedrohungen gefährdet sieht.

c) Ungezähmter Terror im demokratischen Rechtsstaat: Freiheit als Opfer der Sicherheit

Was soll in einem demokratischen Rechtsstaat geschehen, wenn er sich schweren Gefahren ausgesetzt sieht? Was wäre, wenn die konkrete Gefahr einer ähnlich schweren Katastrophe, wie sie sich am 11. September 2001 in New York und Washington ereignet hat, auf europäischem Boden gegeben wäre? Was darf ein Staat in einer solchen Situation? Denkt man nicht in Kategorien einer abstrakten Sicherheit eines Volkes, eines Systems, einer Gesellschaft als Ganzes, sondern bleibt man dem Gedanken individueller Freiheit verhaftet, wird auch klarer, worum es bei der Abwehr solcher Gefahren geht: um den Schutz der individuellen Freiheit selbst und um den Schutz der Rechte, die unmittelbar aus dieser Idee resultieren zunächst einmal die elementaren Menschenrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Der konkrete Schutz der Rechte, die den Existenzgrund des Staates bilden, vermögen auch Einschränkungen der Freiheit zu rechtfertigen. Dann läßt sich von einer Handlungspflicht des Staates reden, die aus den Rechten des Individuums auf Leben und körperliche Unversehrtheit resultiert. Diese Handlungspflicht erstarkt, je mehr Individuen in ihren Rechten bedroht sind. Sie wird indes schwächer, je abstrakter sich die Bedrohung darstellt. Wichtig ist festzuhalten, daß Freiheit nicht zu hinterfragen und durch Sicherheitserwägungen prinzipiell nicht zu begrenzen ist.

Massive Eingriffe in bürgerliche Freiheitsrechte dürfen nur dann und insoweit erlaubt sein, als deren Kern unmittelbar bedroht oder verletzt ist. Die Idee der Freiheit zu bewahren, sie dem sicherheitsspendenden Souverän nicht aufzuopfern, darin liegt das Versprechen des Gesellschaftsvertrages. „Pacta sunt servanda“ – Verträge müssen eingehalten werden, im Dienst der Freiheit.

III. Alte und neue Gesellschaftsverträge

1. Neue transstaatliche Bezugsrahmen

Der Krieg in Afghanistan, der als Reaktion auf die Ereignisse am 11. September 2001 von USA, NATO und weiteren Partnern eines Anti-Terror-Bündnisses geführt wurde, konnte deutlich machen, daß der Gesellschaftsvertrag alten Stils in Auflösung begriffen ist. Der Gesellschaftsvertrag alten Stils bezog sich auf ein Staatswesen. Er war mit Gründung und Existenz von Nationalstaaten verknüpft. Dieser alte Gesellschaftsvertrag war auf die Ausübung und Begrenzung von Gewalt im Rahmen eines überschau-

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baren Territoriums konzentriert. Diese Überschaubarkeit ist verloren gegangen, die in Nationalstaaten und politische Blöcke aufgeteilte Welt ist unübersichtlicher geworden. Damit wurde auch die Rechtsgrundlage für eine über den Staat hinaus begründete Anwendung von Gewalt unklar.

2. Konsequenzen für die Freiheit aus globalem Rechtszustand

a) Gefahren für die Freiheit aus einem Gesamtstaatsmodell

In diesem Zusammenhang ist wiederum Kant in Bezug nehmen. Er ist soweit der einzige erkennbare Philosoph der Aufklärung, der die Folgen der Globalisierung vorausgedacht hat. In seinen Hauptwerken zur „Metaphysik der Sitten“ und „Zum ewigen Frieden“ wird die Konzeption des Gesellschaftsvertrages weiter gedacht.

aa) Ablehnung eines herrschaftszentrierten Superstaates

Kant weist auf einen Rechtszustand neuen Stils hin. Dieser Rechtszustand wird notwendig, weil jenseits der Grenzen des begründeten Staates im Verhältnis der Staaten untereinander, auch im Verhältnis des Individuums zu einer Gemeinschaft von Staaten der Naturzustand neu beginnt. Außerhalb des Staates droht neue Ungleichheit bei der Verteilung der Gewaltmittel, mit dieser Ungleichheit auch Unfrieden. Was notwendig ist, um dieser neuen Herausforderung des Naturzustandes zu entrinnen, dessen scheint sich Kant nicht ganz sicher. So könnte man sich vorstellen, den Gesellschaftsvertrag einfach zu erweitern: Vorstellbar ist, aus mehreren Staaten einen zu machen, aus mehreren Regierungen eine zu kreieren, an die Stelle mehrerer Gesetzgeber nur einen zu setzen, aus mehreren Rechtsprechungssystemen eines werden zu lassen. Man könnte die Gewaltmittel einfach von einer mittleren auf eine gemeinsame höhere Ebene weiter und umverteilen. Diesen Weg lehnt Kant ab (Kant, AA VI, 350). Für diese Ablehnung ist er vielfach kritisiert worden, weil die Begründung des Rechtszustandes damit scheinbar widersprüchlich zu werden droht.

bb) Schutz der Menschenrechte eher im republikanischen Staatenverbund

Kant aber befürchtet, daß ein staatenübergreifender Gesellschaftsvertrag eine zu große Konzentration von Gewaltmitteln in einer Hand mit sich bringt. Diese Konzentration läßt sich, so seine Befürchtung, nicht mehr kontrollieren. Die Freiheit im Staat, die Kant einklagt, läßt sich im Rahmen eines „Super-Gesellschaftsvertrages“ nicht hinreichend gewährleisten. Statt dessen will Kant zur Sicherung von Freiheit und Frieden den Staatenverbund als eine Kooperation von demokratisch organisierten Republiken etablieren. An die Stelle eines Superstaates, der die Freiheit des Individuums bedrohen würde, setzt Kant die Freiheit des Individuums, das sich als Weltbürger im republikanischen Staatenverbund besser gegenüber dem Staat behaupten kann. Der republikanische Staatenverbund ist aus der Sicht Kants eine notwendige Ergänzung für den Freiheitsschutz des einzelnen.

Auf der Suche danach, was über den Staat hinaus gilt, was verbindlich ist, was Menschen und Mächte miteinander teilen, findet man die Idee der Menschenrechte. Diese Menschenrechte als Produkte der Freiheit sind unteilbar und für Staaten und andere globale Mächte unverfügbar. Unteilbare und unverfügbare Menschenrechte sind die Richtschnur des neuen Gesellschaftsvertrages. Um diese Menschenrechte herum gruppiert sich ein staatlicher, vor allem auch weltgesellschaftlicher Rahmen, der sie schützt und zur Entfaltung kommen läßt.

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b) Anforderungen an den neuen Gesellschaftsvertrag im republikanischen Staatenverbund: Die Unantastbarkeit der Freiheit

Wie sieht dieser Rahmen, den der neue Gesellschaftsvertrag setzt, aus? Rechtssetzung jenseits des Staates ist längst Realität. Sie wird durch international operierende Anwaltskanzleien und multinationale Unternehmen gestaltet. Rechtsgeschäfte zwischen Banken und Großkonzernen folgen ihren eigenen Regeln. Diese Regeln werden zwischen den Beteiligten ausgehandelt, der Staat hat kaum noch eigene Gestaltungskraft. Kant hat auf diesen Prozeß vertraut, um einen dauerhaften Frieden zu sichern. Der „Handelsgeist“ so seine Formulierung entmachtet den Staat und ist so die Garantie für Frieden (Kant, AA VIII, 368).

Der Staat soll aber nicht nur durch ökonomische Prozesse zurückgedrängt werden, sondern auch durch die Unantastbarkeit der allgemein gültigen Menschenrechte. Nicht nur ökonomische Fragen entziehen sich seiner Gestaltungskraft, sondern die Menschen selber müssen seinem Zugriff erst recht entgehen können. Man sieht, daß der Verwirklichung der Menschenrechte in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung zugemessen wird. Diese Bedeutung sieht man vor allem dann, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen zu ahnden. Es geht dabei um Situationen, in denen die Staaten mit ihren Apparaten Verwaltung, Militär, Geheim und Sicherheitsdienste Menschenrechte systematisch mit Füßen treten. Wolfgang Naucke hat für diese Situation den Begriff der „staatsverstärkten Kriminalität“ (Naucke, 1996) geprägt. Herbert Jäger spricht von „Makrokriminalität“ (Jäger, 1989) und meint damit dieselbe Situation schwerer systematisch organisierter Menschenrechtsverletzungen.

3. Zur internationalen Durchsetzbarkeit von Freiheits- und Menschenrechten

Die Vereinten Nationen haben mit den Tribunalen von Jugoslawien und Ruanda Rechtsformen geschaffen, die sich dieser Menschenrechtsverletzungen sogar mit dem Mittel des Strafrechts annehmen. Diese Linie setzt sich mit dem Internationalen Strafgerichtshof fort. Das Statut von Rom vom 17. 7. 1998, das den internationalen Strafgerichtshof begründet, macht deutlich: Die Freiheit des einzelnen ist so wertvoll, daß die Verletzungen von individuellen Rechten, die aus der Idee der Freiheit folgen, überall in der Welt strafrechtlich verfolgbar sein müßten. Im neuen Gesellschaftsvertrag wird die Unantastbarkeit der Freiheit gegen die möglichen Auswüchse staatlicher Macht verteidigt.

Es wäre allerdings ein Mißverständnis des „neuen“ Gesellschaftsvertrages, wollte man aus ihm die Befugnis zu bewaffneten Interventionen in andere Staaten ableiten. Menschenrechte legitimieren keine Kriege jedenfalls nicht solche, die mit präventiver Absicht geführt werden, um mutmaßliche Terroristen oder Waffenarsenale aufzuspüren. Die Kriege gegen den Irak, der Nato-Angriff auf Jugoslawien, der Krieg in Afghanistan: Die Verdichtung von „Waffengängen“ in den letzten Jahrzehnten zeugt davon, daß die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen gestiegen ist. Schon hat man sich fast daran gewöhnt, daß in regelmäßigen Abständen Kriege geführt werden auch mit deutscher Beteiligung. Damit gerät der Blick dafür verloren, daß Gewalt nur letztes Mittel sein darf, um individuelle Freiheit zu schützen. Sie erscheint dann als legitim, wenn auf schwere Menschenrechtsverletzungen reagiert werden soll.

Dieser schmale Grad, auf dem sich Gewalt auch über den Staat hinaus bewegen kann, darf nicht verlassen werden. Wird er verlassen, entsteht ein Zustand der Unsicherheit, der mit den Ideen von Freiheit und Menschenrechten nicht in Einklang stünde. Menschenrechte behaupten die Freiheit gegenüber dem Staat – überall in der

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Welt: sie stiften Sicherheit. Gemeint ist damit die Sicherheit schwacher Menschen vor einem starken, oftmals schmerzhaft zugreifenden Staat. Angesichts der verdichteten Kriegserfahrungen in verschiedenen Regionen der Welt gilt es, sich diese Wertorientierung immer wieder bewußt zu machen.

B. Historische Erfahrungen mit dem freiheitsverzehrenden Sicherheitsstaat

Wem die philosophische Legitimation staatlicher Freiheitsgewährung zu wenig handfest ist, der mag in der europäischen Geschichte der Unfreiheit und der damit in Zusammenhang stehenden Entwicklung der Menschenrechte als Sicherheitsgarantien vor dem Staat eine empirische Orientierung finden.

Immer wieder gab es historische Zeitpunkte, zu denen diese Erkenntnis selbstverständlich war. Beispiele für diese historischen Zeitpunkte sind das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Fall des Eisernen Vorhanges zum Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte, später dann die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sind wichtige Dokumente der Freiheit. Sie schöpfen ihre Legitimität nicht nur aus deren Idee, sondern aus den massiven Unrechtserfahrungen einzelner und ganzer Gesellschaften, die mit dem vollständigen Verlust von Freiheit konfrontiert waren.

Die Beispiele der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus in Deutschland, des Faschismus Francos in Spanien, der Diktatur Salazars in Portugal, des griechischen Obristen-Regimes und die Versuche eines staatsautoritären Sozialismus in Osteuropa bilden einen europäischen Fundus für die Erfahrungen mit dem Verlust von Freiheit (vgl. im einzelnen Albrecht, 2003, 2839). An ihnen kann man sehen, was es bedeutet, die Sicherheit eines Staates auf dem Rücken von Freiheitsrechten des Individuums auszubauen. Aus diesen Beispielen kann man lernen, wie die Freiheit zu schützen ist und daß Sicherheit alleine kein guter Ratgeber sein kann. Lernen aus diesen Beispielen das wäre auch ein guter europäischer Anfang für ein freiheitliches Strafrecht.

C. Freiheit durch Sicherheit: Antithese europäischer Aufklärung

I. Das „Grundrecht auf Sicherheit“ als politische Kunstfigur

Die politische Diskussion um mehr Sicherheit wird seit langem durch eine juristische Kunstfigur begleitet. Diese Kunstfigur unterstützt die politische Dynamik der Sicherheitsdiskussion. Mit Hilfe dieser Kunstfigur wird der Idee der Freiheit als Grundlage des Staates eine Absage erteilt. Damit ist das „Grundrecht auf Sicherheit“ geboren. Dieses hat mittlerweile seinen festen Platz in der gesamteuropäischen Diskussion um Polizei und Strafrecht. Auch Europol spricht wie selbstverständlich von einem „europäischen Grundrecht auf Sicherheit“ (Petri, 2001, 125). Ein solches Grundrecht sei notwendig, um den Bürger vor der Gewalt anderer Bürger zu schützen.

1. Staatliche Handlungspflicht als Gebot des Gesellschaftsvertrags

Der Grundrechtsbezug in diesem Zusammenhang ist falsch, weil sich die Sicherungspflicht des Staates allein schon aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Es zählt zum Wesen des Gesellschaftsvertrages, Mittel bereitzuhalten, um auf die Gewalt, die zwischen Bürgern entstehen kann, zu reagieren. Der Staat, der durch den Gesellschaftsvertrag begründet wird, ist verpflichtet, die Freiheitsrechte seiner Bürger zu schützen.

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Daraus erwachsen Handlungspflichten, die bei jeder Gefahr für individuelle und kollektive Freiheit entstehen können. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spiegelt diesen Zusammenhang von Freiheitsschutz und staatlicher Handlungspflicht wider. Die Handlungspflicht erstarkt, je konkreter die Gefahr und je höherwertiger das bedrohte Freiheitsrecht ist.

2. Grundrecht auf Sicherheit = Staatssicherheit

Diese Handlungspflicht um der Freiheit des Menschen willen indes meint das „Grundrecht auf Sicherheit“ nicht. Vielmehr wird es als eine einklagbare Gesamtheit aller staatlichen Schutzpflichten verstanden (Isensee, 1983, 33; vgl. auch Calliess, 2002, l ff.). Es soll einen bewußten Gegensatz zur ursprünglichen Funktion der Grundrechte, die als Abwehrrechte gegen staatliche Macht gedacht waren, bilden. In diesem Gegensatz liegt das Problem des Grundrechts auf Sicherheit:

Es löst das Verständnis eines sicheren Staates von der Idee der Freiheit ab. Dem Staat selbst wird die Sicherheit als abstrakter Wert zugeschrieben, der sich gegen das Individuum richten kann. Staatssicherheit dient nicht mehr der Freiheit des Menschen, sondern überwiegt diese. Sie kann die Freiheit überwiegen, weil schon der Begriff der Sicherheit schillernd ist.

Man kann Sicherheit nicht nur als den Schutz des Bürgers vor den Übergriffen anderer verstehen, sondern auch als die psychische Unbefangenheit, sich überhaupt frei bewegen zu können. Sicherheit ist der Zustand einer Gesellschaft, bildet die Eigenschaft eines ganzen Systems. Gibt es ein Grundrecht auf Sicherheit, so folgt daraus auch, daß der gesellschaftliche Zustand oder die Systemeigenschaft als solche behauptet werden soll. Staat, Gesellschaft oder System als ganzes dürfen sich dann gegen den einzelnen Menschen richten. Grundrechte bilden keine Abwehransprüche mehr, die sich gegen die Macht von Staat, Gesellschaft und Systemen wenden könnten.

Aus einem so gearteten Grundrecht auf Sicherheit läßt sich nämlich ein Anspruch des Staates an seine Bürger ableiten, sich ordnungsgemäß zu verhalten. Darin liegt die radikalste Umkehrung des Verhältnisses von Staat und Bürger. Darin liegt zugleich auch das fundamentalste Mißverständnis im Verhältnis von Freiheit und Sicherheit. Darin liegt die gröbste Mißachtung historischer Erfahrungen mit der Funktion des Sicherheitsdenkens in den oben beschriebenen autoritären Staatsordnungen Europas. Wird Sicherheit zu einem Grundrecht, droht die Gefahr, vor der Kant gewarnt hatte. Der Staat, der nur wegen und aus der Freiheit seiner Bürger besteht, beginnt sich gegen seine „Erfinder“ zu wenden. Wo Sicherheit garantiert sein soll, gilt es, auch das geringste „humane Restrisiko“ zu vermeiden, es auszuschalten. Die Erfinder der Kunstfigur „Grundrecht auf Sicherheit“ blähen die Sicherheit zu einem „Supergrundrecht“ auf. So wird die Zertrümmerung der Freiheit theoretisch begleitet und abgesichert. Die Kunstfigur hilft der Kunst der Politik, die Aushöhlung von Freiheitsrechten populistisch darzustellen.

II. Notwendige Trias: Freiheit, Sicherheit und Gesellschaftsvertrag

In der Debatte über das sogenannte Grundrecht auf Sicherheit bleibt eines immer zu beachten: Der Zusammenhang von Freiheit, Sicherheit und Gesellschaftsvertrag darf nicht verloren gehen. Dieser Zusammenhang wird durch den Begriff der „security“ in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 5 Abs. 1 EMRK) bestätigt. Dort wird nicht die innere Sicherheit eines gesamten Staatswesens in Bezug genommen, sondern der Sicherheitsbegriff, wie ihn die Philosophie der Aufklärung verstanden

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wissen wollte, verwendet. Gemeint ist dort die persönliche Sicherheit des Menschen vor staatlichen Eingriffen.

Behält man den Zusammenhang von Freiheit, Sicherheit und Gesellschaftsvertrag stets im Blick, wird auch deutlich, daß es keinen eigentlichen inhaltlich gerechtfertigten Bedarf für ein eigenes Grundrecht auf Sicherheit gibt. Bejaht man Schutzpflichten des Staates, wenn und soweit die persönliche Freiheit von Menschen in konkreter Gefahr schwebt, unmittelbar bedroht oder verletzt ist, bedarf es keines Rückgriffs auf die Kunstfigur des Sicherheitsgrundrechts. Verlangt ein Freiheitsrecht in einer konkreten Situation nach staatlichem Einschreiten, ist dies (verfassungs)-rechtliches Gebot genug (Petri, 2001, 127).

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Literatur: Albrecht, P.A., Die vergessene Freiheit, 2003; Calliess, C., Sicherheit im freiheitlichen Rechtsstaat Eine verfassungsrechtliche Gratwanderung mit staatstheoretischem Kompaß, ZRP 2002, .I ff.; Hobbes, T, Leviathan (ReclamAusgabe); Isensee, J., Das Grundrecht auf Sicherheit, 1983; Jäger, H., Makrokriminalität Studien zur Kriminologie kollektiver Gewalt, 1989; Kant, L, Akademie-Ausgabe, Band IV (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten); Kant, I., Akademie-Ausgabe, Band VI (Die Metaphysik der Sitten); Kant, L, Akademie-Ausgabe, Band VIII (Zum ewigen Frieden); Montesquieu, C., Vom Geist der Gesetze (ReclamAusgabe); Naucke, W., Die strafjuristische Privilegierung staatsverstärkter Kriminalität, 1996; Petri, TB., Europol Grenzüberschreitende polizeiliche Tätigkeit in Europa, 2001; Preuß, U. K., Revolution, Fortschritt und Verfassung, 1994; Rousseau, J.J., Gesellschaftsvertrag (ReclamAusgabe).

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Peter-Alexis Albrecht (∗ 1946 in Hannover) ist ein deutscher Jurist und Kriminologe. Albrecht studierte Rechts- und Sozialwissenschaften in Göttingen. Von 1977 bis 1991 forschte und lehrte Albrecht an den Universitäten in München und Bielefeld. 1991 wechselte er an die Universität Frankfurt. Am dortigen Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie hat er seitdem einen Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie inne.

Seit 1986 gibt Albrecht die Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft heraus. 2004 wurde Albrecht für sein langjähriges soziales Engagement der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. 2005 wurde Albrecht die Würde eines Ehrenprofessors der Nationalen Marineuniversität Odessa verliehen.