Wortlaut des Artikel 92 Grundgesetz: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt„.
In 98,3 % aller Fälle sind ausschließlich Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und Finanzgerichte die „rechtsprechende Gewalt“ des Grundgesetzes. Zu 98,3 % sind sie die eigenständige „Dritte Gewalt“ im System der Gewaltenteilung. Staatsorganisatorisch sind all diese Grichte jedoch nicht eigenständig, sondern der Regierung nachgeordnet.
Das Bundesverfassungsgericht ist – entgegen einer verbreiteten Fehlvorstellung – nicht die „Spitze“ der in den Artikeln 20 und 92 Grundgesetz genannten „rechtsprechende Gewalt„, sondern nur ein winziger Teil von ihr. Das Bundesverfassungsgericht ist nur eines unter 1086 Gerichten in Deutschland. Am Bundesverfassungsgericht sind nur 16 von insgesamt ca. 20.000 deutschen Richtern tätig. Das Bundesverfassungsgericht ist in Gerichtsverfahren nicht die oberste und letzte Instanz. Nur ca. 1,7 % aller Verfassungsbeschwerden gegen Gerichtsentscheidungen werden vom Bundesverfassungsgericht angenommen. In 98,3 % aller Fälle bleibt es bei den Entscheidungen der Instanzgerichte.
Nur in einem sehr kleinen Umfang haben die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland jemals mit dem Bundesverfassungsgericht zu tun. Ihre „rechtsprechende Gewalt“ sind die Gerichte der Bundesländer.
Oberste Instanzen der Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und Finanzgerichte (98,3 % der deutschen Rechtsprechung) sind der Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht und der Bundesfinanzhof.
Zur deutschen Justiz gehören auch die – in Bund und Ländern – der Regierung weisungsabhängig unterstellten Staatsanwälte bzw. Bundesanwälte. Wo die Staatsanwaltschaft (die Bundesanwaltschaft) nicht anklagt, bleiben Straftaten unbestraft. Oberste Vorgesetzte der Staatsanwälte (Bundesanwälte) sind die Justizminister (=nach innerparteilichem Ranking ausgehandelte und zu Regierungsloyalität verpflichtete Politiker).