Parlamentarischer Rat
Bonn 1948/49
Anlage
zum stenographischen Bericht der
9. Sitzung am 6. Mai 1949
Schriftlicher Bericht
des Abgeordneten Dr. Laforet
über den Abschnitt
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung
Der Ausschuß für die Zuständigkeitsabgrenzung hat unter dem Vorsitz des Abg. Justizrats Wagner (SPD) und seines Stellvertreters Abg. Staatssekretär Dr. Strauß (CDU) seine Arbeiten im Wesentlichen im Dezember 1948 abgeschlossen. Die Verhandlungen des Hauptausschusses haben im grundsätzlichen Aufbau keine wesentlichen Aenderungen gebracht.
Der Zuständigkeitsausschuß hatte sich nicht begnügen können, die Bestimmungen über die Ausführung der Bundesgesetze und die Gebiete zu entwerfen, in denen Bundesbehörden Verwaltungsaufgaben zu erfüllen haben. Der Ausschuß mußte zu den Grundfragen der Verwaltung Stellung nehmen.
Der Art. 101 des Entwurfs von Herrenchiemsee war mißverständlich gefaßt. Aus dieser Bestimmung hatte der Schluß gezogen werden können, daß die Verwaltung nichts anderes sei als der Vollzug der Gesetze, ja daß die Verwaltung zu jedem ihrer Rechtsakte einer Ermächtigung in einem Gesetz bedürfe. Das Grundgesetz geht in Art. 1 Abs. III von der Scheidung der Gewalten in „Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung“ aus, und spricht hier nicht von „vollziehender Gewalt“ sondern von „Verwaltung“. Gemeint ist die „Verwaltung“ als dritte Gewalt, die sowohl die „Regierung“ wie die „Verwaltung“ umfaßt und in Art. 20 III mit dem Worte „vollziehende Gewalt“ getroffen werden soll. Unter Regierung ist hier die Regierung im materiellen Sinne gemeint, die Tätigkeit des Staates, die die Grundlinien der Staatsführung gibt und danach die unterstellten Behörden der Verwaltung anweist. Die Ueberschrift des VIII. Abschnitts „die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung“ stellt klar, daß die Verwaltung sich nicht mit der Ausführung von Gesetzen erschöpft, sondern daß die Verwaltungsbehörden, wie ich dies als Referent des Zuständigkeitsausschusses ausgeführt habe, nach Weisung der Regierung in Bund und Ländern -(je nach ihrer Zuständigkeit) -die Aufgaben zu erfüllen haben, die nicht unter die Rechtsakte der Gesetzgebung und Rechtsprechung fallen. In der Hand der Behörde liegt nicht nur der Vollzug der Gesetze, soweit dieser Vollzug nicht den Behörden der Rechtsprechung zukommt; sie haben die Gemeinschaftsaufgaben auch in der schöpferischen Verwaltung zu erfüllen, die ihnen die Organisationsvorschriften in der Verteilung der Zuständigkeit zuweisen.
Der Zuständigkeitsausschuß hat sich weiter eingehend mit den Fragen der Rechtmäßigkeit der Verwaltung befaßt. Es bestand Uebereinstimmung, daß die zuständige Verwaltungsbehörde zu einem Verwaltungsakt keiner besonderen Ermächtigung in einem Gesetze bedarf, aber daß sie in die Rechte der Staatsbürger und der sonstigen Rechtspersönlichkeiten nur eingreifen darf, wenn ihr die Rechtsordnung dafür die Grundlage gibt. Bei der endgültigen Fassung durch den Vorschlag des Redaktionsausschusses hat man entgegen früheren Vorschlägen davon Abstand genommen, ausdrücklich im Grundgesetz auszusprechen, daß der in seinen Rechten Verletzte gegen den rechtswidrigen Hoheitsakt der Verwaltungsbehörde die Anfechtungsklage zu den Verwaltungsgerichten erheben kann. Das Grundgesetz gibt in Art. 19 Abs. IV den allgemeinen Rechtssatz, daß der „Rechtsweg“ für „denjenigen offen steht,“ der „durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt“ ist. „Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben“. Es bestand bei den Verhandlungen völlige Uebereinstimmung, daß auch der Verwaltungsrechtsweg mit dem Begriff Rechtsweg mitumfaßt wird. Der ordentliche Rechtsweg ist dann eröffnet, wenn eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte aller Art nicht gegeben und nur die Verwaltungsbeschwerde eröffnet ist. Auch wird durch diese Bestimmung die Zuständigkeit eines Verfassungsgerichts nach dem Bundesgesetz und nach den Länderverfassungsgesetzen nicht berührt.
Nach der Anschauung des Zuständigkeitsausschusses gehört auch die grundsätzliche Regelung der Amtshaftung zu den Grundfragen des Rechtsstaats. Die Bestimmung in Art. 34 entspricht einem Vorschlag des Zuständigkeitsausschusses. Die Vorschrift will nicht etwa das Recht der Amtshaftung abschließend regeln und ändert die Bestimmungen in § 839 Abs. I Satz 2, Abs. II und III des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht ab. Aber es wird in Art. 34 Satz 1 -(entsprechend dem Art. 131 Abs. I Satz 1 der Weimarer Verfassung) -ausgesprochen, daß die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft trifft, in deren Dienst derjenige steht, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat. Die nähere Regelung ist wie bisher den einfachen Gesetzen überlassen. Die Fassung ist so gewählt, daß nicht nur der Beamte im Sinne der Beamtengesetze erfaßt wird, sondern jeder, dessen sich der Staat oder die Hoheitskörperschaft zur Erfüllung ihrer Hoheitsaufgaben bedient. Daß eine Verfehlung in Ausübung der Hoheitsmacht vorausgesetzt wird, soll in den Worten ausgesprochen sein, daß ein „anvertrautes öffentliches Amt“ gegeben und gegenüber dem Dritten eine „Amtspflicht“ verletzt sein muß. Nach den Verhandlungen besteht kein Grund, anzunehmen, daß durch diese Wortfassung eine sachliche Aenderung gegenüber dem Rechtszustand eintreten soll, der in Art. 131 Satz 1 der Weimarer Verfassung durch die Worte „Ausübung“ der „anvertrauten öffentlichen Gewalt“ gegeben war.
Einen Schritt weiter, als er in Art. 131 Satz 2 der Weimarer Verfassung erfolgt war, geht der Art. 34 Satz 2. Er spricht aus, daß der Rückgriff gegen die Person vorbehalten ist, die als Beamter oder Angestellter schuldhaft gehandelt hat. Aber das Grundgesetz schränkt nunmehr -(entsprechend der Regelung in den Beamtengesetzen) -diesen Rückgriff erheblich ein. Der Dienstherr haftet für das schuldhafte Verhalten der Dienstkraft grundsätzlich, also wenn nicht das einfache Gesetz eine Einschränkung gibt, auch soweit leichte Fahrlässigkeit gegeben ist. Der Rückgriff gegen den Beamten ist jedoch nur gegeben, soweit Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Hier greift, wie dies im Hauptausschuß klargestellt worden ist, das Grundgesetz auch in das Arbeitsrecht ein. Auch wenn kein Beamter im Sinne des Beamtenrechts in Frage steht, sondern der Rückgriff des Dienstherrn gegen eine sonstige Dienstkraft in Frage steht, haftet diese im Innenverhältnis nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Endlich stellt der Art. 34 Satz 3 des Grundgesetzes gegenüber der Fassung des Gesetzes in Art. 131 Abs. 1 Satz 3 der Weimarer Verfassung klar, daß sowohl für den Anspruch des Verletzten aus der schädigenden Amtshandlung, wie für den Rückgriff des Dienstherrn gegen die Dienstkraft der ordentliche Rechtsweg, also der Rechtsweg zu den ordentlichen bürgerlichen Gerichten oder den Arbeitsgerichten gegeben ist. Die Anschauung, daß hier wenigstens für die Beamten die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bestimmt werden soll, hat sich nicht durchsetzen können.
Einer Anregung des Zuständigkeitsausschusses entstammt auch die Bestimmung in Art. 28 Abs. II des Grundgesetzes. Die Mitglieder des Ausschusses waren sich klar daß die Regelung des Gemeinderechts nach der Verteilung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern eine Aufgabe der Länder ist. Sie wollten jedoch die ganz außerordentliche Bedeutung der Selbstverwaltung für das ganze Gemeinschaftsleben im Grundgesetz selbst anerkannt wissen. Man hat den Weg gewählt, die Länder als die Gesetzgeber des Gemeinderechts in ihrer Regelung verfassungsmäßig zu binden. „Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“ Damit will ausgesprochen werden, daß die Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu regeln, also alle Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft zu erfüllen haben. Es ist also der unbeschränkte Aufgabenkreis der Gemeinden grundsätzlich festgelegt. Das gilt jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“. Das Bundesgesetz oder Landesgesetz kann Anderes bestimmen und die Gemeinden von der Erfüllung einer Aufgabe, z. B. in der Sozialversicherung, in der Berufsberatung ausschließen. Ebenso bedeutsam ist, daß das Grundgesetz festlegt, daß die Gemeinden diese Aufgaben, wenn auch nur im Rahmen der Gesetze, in eigener Verantwortung erfüllen. Die Vermutung spricht also dafür, daß eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinde ist. Doch können die Gesetze Anderes bestimmen. Dem Ländergesetz ist unverwehrt, anzuordnen, daß bestimmte Aufgaben nach Weisung der übergeordneten Staatsbehörden zu erfüllen sind. Das Ländergesetz kann also bestimmte Aufgaben als Auftragsangelegenheit gestalten.
Die Mitglieder des Zuständigkeitsausschüsses waren sich einig, daß die Gemeindeverbände Schöpfungen des Gemeinderechts der Gliedstaaten sind, und daß hierüber eine ganz verschiedene Regelung in den Ländern gegeben ist. Dieser Regelung nach der geschichtlichen Entwicklung und den besonderen in jedem Land gegebenen Verhältnissen will das Grundgesetz kein Hindernis entgegenstellen. Vor allem waren sich die Mitglieder des Ausschusses darüber klar, daß die Gemeindeverbände nach den Länderrechten nur zum Teil unbeschränkten Aufgabenkreis haben, im Regelfalle aber die Landesgesetze die Aufgaben der Gemeindeverbände im Einzelnen aufzählen, also die Gemeindeverbände in ihren Aufgaben beschränken. Im Rahmen dieses „gesetzlichen“ -(also vom Landesrecht gegebenen) -Aufgabenbereichs haben die Gemeindeverbände jedoch „nach Maßgabe der Gesetze“ das Recht der Selbstverwaltung. Auch hier spricht die Vermutung dafür, daß eine Angelegenheit Selbstverwaltungsangelegenheit des Gemeindeverbands ist, wenn nicht das Landesgesetz die Aufgabe zu einer Auftragsangelegenheit gestaltet hat.
Eine Frage von allgemeiner Bedeutung ergab sich in der Frage der Ausführung der Gesetze. Die Frage greift in das Gebiet der Gesetzgebung hinein; sie ist vom Zuständigkeitsausschuß erörtert, aber vom Organisationsausschuß abschließend beantwortet worden. Es ist durchaus möglich, daß der Gesetzgeber einen Gegenstand nicht abschließend regelt, sondern der Regierung die Ermächtigung gibt, im Rahmen des Gesetzes nähere Regelung zu treffen. Die Regierung regelt dann die Durchführung in Vorschriften, die materiell Gesetze sind. Vom Gesetzgeber kann auch die Ermächtigung gegeben werden, das Gesetz zu ergänzen. Daneben treten als weiterer Teil der Durchführungsvorschriften die „allgemeinen Verwaltungsvorschriften“, die sich nur an die unterstellten Verwaltungsbehörden richten. Der Zuständigkeitsausschuß hat angeregt, diese grundsätzliche Scheidung der Durchführungsvorschriften in „Rechtsverordnungen“ und „allgemeine Verwaltungsvorschriften“ (Verwaltungsverordnungen) klar auszusprechen. Das Grundgesetz ist dieser Anregung gefolgt. Der Art. 83 gibt die Voraussetzungen der Rechtsverordnungen und begrenzt ihre Zulässigkeit. Er gibt auch die Anforderungen, wenn solche Rechtsverordnungen kraft besonderer Ermächtigung außerhalb des Rahmens eines Gesetzes erlassen werden sollen. Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierung ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, wenn die Bedingungen in Art. 80 Abs. I Satz 2 und 3 eingehalten werden. Es müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt sein, und die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Der Bundesgesetzgeber kann im Gesetz bestimmen, daß eine Ermächtigung weiterübertragen werden kann (Subdelegation). Dann bedarf es zur Weiterübertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung. (Art. 80 Abs. II Satz 4).
Die Erlassung von allgemeinen Verwaltungsvorschriften ist in den Art. 84 Abs. II, 85 Abs. II Satz 1 und 86 Satz 1 geregelt.
Daneben trat die Frage der Vorschriften, die die Einrichtung der Behörden regeln. Soweit die Länder in ihrer eigenen Landeszuständigkeit tätig sind, regeln sie nach ihren Verfassungen die Einrichtung der Behörden. Zu entscheiden war die Frage der Einrichtung der Behörden im Vollzug der Zuständigkeit des Bundes.
Im früheren Reichsrecht war eine Bestimmung über die Einrichtung der Reichsbehörden nicht erfolgt. Die Rechtslehre und die Staatspraxis wiesen die Aufgabe der Errichtung der Behörden neben der haushaltmäßigen Bewilligung dem Kaiser und später dem Reichspräsidenten zu und stützten sich auf das Gewohnheitsrecht. Nach dem Vorschlag des Zuständigkeitsausschusses ist nunmehr im Grundgesetz selbst die Befugnis zur Einrichtung der Behörden im Abschnitt VIII geregelt, soweit nicht die haushaltmäßige Bewilligung in Frage steht. Soweit die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen, regeln die Länder die Einrichtung der Behörden, es sei denn, daß das Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, über den Behördenaufbau schon selbst eine Regelung getroffen hat (Art. 81 Abs. I). Das Landesverfassungsrecht bestimmt, wieweit ein Landesgesetz nötig ist oder ein Organisationsakt der Landesregierung genügt. Führen die Länder die Gesetze des Bundes im Auftrag des Bundes aus, so bleibt die Einrichtung der Behörden im Rahmen der Bundesgesetze, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, Angelegenheit der Länder (Art. 85 Abs. I). Führt der Bund selbst die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts aus, so kommt die Befugnis zur Organisation der Behörden nicht mehr dem Bundespräsidenten, sondern der Bundesregierung zu. Das gilt auch hier nur, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, also soweit nicht das Gesetz selbst schon geregelt hat (Art. 86 Satz 2).
Soweit den Ländern die Zuständigkeit zur Gesetzgebung zusteht, vollziehen die Länderbehörden die Landesgesetze nach den Landesverfassungen. Für den Vollzug der Bundesgesetze ist von Art. 30 und Art. 83 des Grundgesetzes auszugehen. Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, und sie führen die Bundesgesetze aus, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt. Die Vermutung spricht also in allen Gebieten und Fragen für die Zuständigkeit der Länder.
Nach der Verfassung von 1871 war der Vollzug der Reichsgesetze, abgesehen von bestimmten dem Reiche zugewiesenen Verwaltungsgebieten, Angelegenheit der Gliedstaaten. Dem Reiche war durch Art. 4 auch für die Aufgabengebiete, in denen dem Reiche die Gesetzgebung im Vorrang zugewiesen war, nur die „Beaufsichtigung“ zugewiesen. Jede Aenderung hätte eine Aenderung der Verfassung dargestellt. In Art. 14 der Weimarer Reichsverfassung war bestimmt, daß die Reichsgesetze durch die Landesbehörden ausgeführt werden, soweit nicht die Reichsgesetze etwas Anderes bestimmen. Jedes Reichsgesetz konnte also die Ausführung eines Reichsgesetzes reichseigenen Behörden übertragen. Hier hat sich der Aufbau des Bundesstaates grundsätzlich geändert. Der Rechtsgrundsatz, daß die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt, gilt auch für den Vollzug der Bundesgesetze. Der Entwurf des Grundgesetzes ist dem Vorschlag von Herrenchiemsee gefolgt; doch ist der gesamte Gegenstand unter Streichung des Art. 42 des Vorschlags von Herrenchiemsee nunmehr im VIII. Abschnitt „über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung“ geregelt. Der Art. 83 hat aus Art. 42 den grundlegenden Rechtssatz übernommen, daß die Bundesgesetze von den Ländern (und zwar als eigene Angelegenheit) ausgeführt werden, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt. Die Vermutung spricht also für die Zuständigkeit der Länder und dafür, daß die Ausführung eigene Angelegenheit der Länder ist.
Der Entwurf des Grundgesetzes gibt in Uebereinstimmung mit dem Vorschlag von Herrenchiemsee eine Dreiteilung. Grundsätzlich führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus (Art. 83, 84). Die Regel kann durch das Grundgesetz durchbrochen sein. Das Grundgesetz kann bestimmen, daß bestimmte Bundesgesetze von den Ländern in Auftrag des Bundes ausgeführt werden (Artikel 85 Abs. I). Es bestimmt weiter der Art. 87, ob und wieweit Verwaltungsgebiete in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt werden, wieweit sonstige Bundesbehörden errichtet werden können, endlich wieweit bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts bestehen. Jede Aenderung ändert die Verfassung ab. Sie bedarf eines Gesetzes, das ausdrücklich den Wortlaut des Grundgesetzes ändert oder ergänzt und der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrats bedarf (Art. 79 Abs. II).
A. Eigene Angelegenheit der Länder.
Der entscheidende Unterschied zwischen der Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit oder als Angelegenheit, die die Länder im Auftrag des Bundes ausführen, liegt in der Befugnis der Einwirkung der Bundesregierung. Liegt eine eigene Angelegenheit vor, so kommt der Bundesregierung nur die Aufsicht, also die Ueberwachung zu, daß die Bundesgesetze durch die Länderbehörden, dem geltenden Recht gemäß, ausgeführt werden. Hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Ausführung fehlt der Bundesregierung jede Befugnis zur Entscheidung. Es ist weiter klargestellt, daß es nur eine Befugnis zur Aufsicht der Bundesregierung gibt, soweit Bundesgesetze erlassen sind und deren Ausführung in Frage stellt. Die Befugnis des Bundes zur Gesetzgebung allein, auch in der ausschließlichen Gesetzgebung (Art. 73) wie in der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74), oder der Befugnis, Rahmenvorschriften zu erlassen (Art. 75), gibt keinerlei Aufsichtsrecht. Für die Erwägungen über die sog. „abhängige“ und „selbständige Aufsicht“, wie sie vom Schrifttum in Auslegung des Art. 15 der Weimarer Verfassung erfolgt sind, ist kein Raum mehr gegeben.
Zur Durchführung ihres Aufsichtsrechts kann nach Art. 84 Abs. III Satz 2 die Bundesregierung Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden. Der Aufwand für solche Beauftragte fällt dem Bund zu. Die Entsendung von Beauftragten an die nachgeordneten Behörden ist nur zulässig, wenn die oberste Landesbehörde zugestimmt hat oder wenn die oberste Landesbehörde dies abgelehnt, aber der Bundesrat mit einfacher Mehrheit der Stimmen dies im Einzelfall für zulässig erklärt hat (Art. 84 Abs. III Satz 2).
Die „Mängelrüge“ der Bundesregierung wird nunmehr in Art. 84 Abs. IV geregelt. Gewinnt die Bundesregierung die Ueberzeugung, daß die Bundesgesetze in einem Land nicht dem geltenden Recht gemäß ausgeführt werden, so kann sie die Landesregierung darauf hinweisen. Werden die Mängel nicht beseitigt, so kann sie ein förmliches Verfahren beginnen. Sie stellt die Mängel fest (Mängelrüge). Dann kommt dem Bundesrat die Entscheidung zu, auszusprechen, ob und warum das Land das Recht verletzt hat. Zum Antrage ist sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung befugt. Gegen den Beschluß des Bundesrats ist die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zulässig. Diese Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts wird von der Bestimmung in Art. 93 Abs. I Ziff. 3 mitumfaßt.
Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrats etwas Anderes bestimmen (Art. 84 Abs. 1). Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrats allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen (Art. 84 Abs. II).
Die Länderbehörden sind nur an das Bundesgesetz und die Durchführungsvorschriften (Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften) gebunden. Im Zuständigkeitsausschuß wurde jedoch geltend gemacht, daß es notwendig sei, für besondere Fälle die Möglichkeit von Einzelweisungen vorzusehen; das sei z. B. bei Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren oder bei den Verfügungen in der Energieverteilung erforderlich. Es wurde deshalb in Art. 84 Abs. V bestimmt, daß der Bundesregierung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden kann, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Die Anregung, für solche Ausnahmefälle auch die Befugnis zu allgemeinen Weisungen zu erteilen, ist abgelehnt worden. Die Einzelweisungen sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die Obersten Landesbehörden zu richten (Art. 84 Abs. V Satz 2). Soweit nach fortgeltendem Recht Weisungsrechte im Sinne dieser Bestimmung bestehen, bleiben sie nach Art. 128 in Kraft, bis eine anderweitige gesetzliche Regelung erfolgt.
Bei der Genehmigung des Grundgesetzes haben die Besatzungsmächte in Ziffer 6 der Vorbehalte „der Auffassung“ Ausdruck gegeben, daß „Art. 84 Abs. V dem Bund sehr weitgehende Befugnis auf dem Gebiete der Verwaltung“ gibt. Es wurde bemerkt: „Die hohen Kommissare werden der Ausübung dieser Befugnisse sorgfältige Beachtung schenken müssen, um sicherzustellen, daß sie nicht zu einer übermäßigen Machtkonzentration“ führt.
Die Aufgaben der Fürsorge für die Flüchtlinge und Vertriebenen verlangen eine unerläßliche Sonderregelung. Sie ist so vordringlich, daß mit ihr nicht gewartet werden kann bis ein künftiges Bundesgesetz erlassen worden ist. Das Recht der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebiets gibt keine ausreichende Grundlage. Ein gemeinsamer Antrag der Abgeordneten Dr. Mücke (SPD), Dr. Laforet (CSU) und Dr. Hoch (SPD) hat daraus die Folgerungen gezogen. Der Antrag ist vom Hauptausschuß einstimmig angenommen worden. Nach dem danach in den Entwurf eingefügten jetzigen Art. 119 kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen, insbesondere zu ihrer Verteilung auf die Länder, bis zu einer bundesgesetzlichen Regelung Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen. Es ist also eine ganz besondere Ermächtigung zu gesetzvertretenden Rechtsverordnungen geschaffen. Für besondere Fälle kann in dieser Verordnung die Bundesregierung ermächtigt werden, Einzelweisungen zu erteilen. Die Weisungen sind außer bei Gefahr im Verzug an die obersten Landesbehörden zu richten. Es kann danach die Bundesregierung in der Rechtsverordnung die Flüchtlinge und Vertriebenen auf die einzelnen Länder verteilen, sie kann aber auch die Ermächtigung aussprechen, in besonderen Fällen zum Vollzug der Verteilung Einzelweisungen über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen zu erlassen, also die Durchsetzung der Verteilung und sachgemäßen Versorgung dieser Mitbürger zu sichern.
B. Die Auftragsverwaltung.
Der Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit der Länder steht die Auftragsverwaltung nach Art. 85 gegenüber. Hier entscheidet allein der Wille der zuständigen obersten Bundesbehörden. Die Landesbehörden unterstehen schlechthin den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden (Art. 85 Abs. IV). Die Weisungen sind allerdings außer, wenn die Bundesregierung es für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten. Der Vollzug der Weisung ist durch die obersten Landesbehörden sicherzustellen. Es ist hier vor allem auch an die Dienstaufsicht gegenüber den Beamten und sonstigen Dienstkräften der Landesverwaltung gedacht. Bei der Auftragsverwaltung erstreckt sich die Befugnis der Einwirkung der obersten Bundesbehörden auch auf die Zweckmäßigkeit der Ausführung. Sie ist also auch eine „Zweckmäßigkeitsaufsicht“, der die Befugnis zur Sachweisung zur Verfügung steht. Die Bundesregierung hat volles Unterrichtungsrecht. Sie kann Bericht und Vorlage der Akten auch in jedem Einzelfall verlangen. Sie kann Beauftragte zu allen Behörden entsenden. Wie bereits dargelegt, bleibt auch in der Auftragsverwaltung die Einrichtung der Behörden im Rahmen der Bundesgesetze Angelegenheit der Länder. Doch kann die Bundesregierung Vorschriften über die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten erlassen (Art. 8o Abs. II Satz 2). Die Leiter der Mittelbehörden sind im Einvernehmen (also mit der Zustimmung) der Bundesregierung zu bestellen (Art. 85 Abs. II Satz 3). Ein Anwendungsfall kann allerdings nur eintreten, wenn besondere Fachbehörden als Mittelbehörden errichtet werden. Nicht etwa ist der Bundesregierung eine Einflußnahme auf die Berufung der Leiter der Mittelbehörden der allgemeinen Verwaltung gegeben, wenn die Verwaltung der Aufgabengebiete der Auftragsverwaltung der allgemeinen Verwaltung unterstellt ist.
Um das Mißverständnis aus der Welt zu schaffen, das durch den Gebrauch des Wortes „Weisung“ für die Auftragsverwaltung im Entwurf von Herrenchiemsee entstanden ist und die bei der Auftragsverwaltung gegebene allgemeine Unterordnung im Gegensatz zur Befugnis der Einzelweisung in besonderen Fällen bei der Ausführung der Bundesgesetze als eigener Angelegenheit klar zu stellen, ist nach dem zusammenfassenden Antrag der Abgeordneten Dr. Laforet (CSU) und Dr. Hoch (SPD) im Eingang des Art. 82 Abs. I die Bezeichnung „Verwaltung nach Weisung“ in „Verwaltung im Auftrage des Bundes“ geändert worden.
Die Bundeswasserstraßen werden vom Bund durch eigene Behörden verwaltet. Der Bund kann jedoch nach Art. 89 Abs. II Satz 3 die Verwaltung von Bundeswasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes liegen, diesem Land auf Antrag als Auftragsverwaltung übertragen. Berührt eine Wasserstraße das Gebiet mehrerer Länder, so kann der Bund das Land mit der Verwaltung beauftragen, für das die beteiligten Länder es beantragen -(also die Angelegenheit als Auftragsangelegenheit übertragen) -(Art. 89 Abs. II Satz 4). Auftragsverwaltung liegt weiter vor für die Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Hier haben (soweit nicht der Bund nach Art. 90 Abs. III die Aufgabe in bundeseigene Verwaltung auf Antrag eines Landes übernimmt) die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften (höheren Gemeindeverbände) die Verwaltung im Auftrag des Bundes zu führen.
Auftragsverwaltung ist vor allem nach Art. 108 Abs. IV Satz 1 in der Finanzverwaltung gegeben, soweit Steuern dem Bund zufließen und die Landesfinanzbehörden die Steuern verwalten. Hier geht das Weisungsrecht des Bundes noch über die Befugnisse nach Art. 85 Abs. III hinaus. Der Bundesfinanzminister kann die ordnungsmäßige Verwaltung durch Bundesbevollmächtigte überwachen, die gegenüber den Mittel- und Unterbehörden ein Weisungsrecht haben (Art. 108 Abs. IV Satz 2 Halbsatz 2). Hier ist weiter bestimmt, daß die Länder mit ihren Einkünften für eine ordnungsmäßige Verwaltung dieser Steuern haften (Art. 108 Abs. IV Satz 2 Halbsatz 1).
C. Bundeseigene Verwaltung und bundesunmittelbare Körperschaften.
Zur Frage der Zuständigkeit des Bundes in der Gesetzgebung und Verwaltung auf dem Gebiete des Verkehrswesens hat der Zuständigkeitsausschuß den Direktor der Verwaltung für Verkehr im Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets Professor Dr. Frohne und den Ministerialdirektor in dieser Verwaltung Dr. Schiller am 7. Dezember 1948 als Sachverständige vernommen.
Die Gebiete der bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau sind abschließend in Art. 87 Abs. I aufgeführt. Es sind der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeseisenbahnen, die Bundespost und nach Maßgabe des Art. 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Außerdem können für de Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz errichtet werden (Art. 87 Abs. III, Satz 1). Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei errichtet werden (Art. 87 Abs. I Satz 2).
Viel umstritten war die Bestimmung in Art. 87 Absatz III Satz 2 (Art. 116 Abs. III Satz 2 nach der Bezifferung der dritten Lesung des Hauptausschusses) Die Bestimmung setzt voraus, daß dem Bund auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben erwachsen. Dann können „bei dringendem Bedarf“ mit Zustimmung des Bundesrats und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestags bundeseigene Mittel- und Unterbehörden geschaffen werden. (Die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags ist nach Art. 121 die Mehrheit seiner gesetzlichen Mitgliederzahl). Der Begriff „der neuen Aufgaben“ setzt voraus, daß es sich um Aufgaben handelt, die bisher noch nicht von den Ländern ausgeführt worden sind. Es handelt sich um eine Ausnahmebestimmung im strengen Sinne. Sie läßt die Sonderregelung unberührt, daß die rechtsprechende Gewalt nur durch die Gerichte der Länder ausgeübt wird, soweit nicht das Bundesverfassungsgericht, das Oberste Bundesgericht und die im Grundgesetz vorgesehenen Bundesgerichte zuständig sind (Art. 92 Halbsatz 2). Gerichte kommen deshalb für den Vollzug des Art. 87 Abs. III Satz 2 nie in Frage. In Ziff. 6 der Vorbehalte bei der Genehmigung des Grundgesetzes am 12. Mai 1949 haben die Besatzungsmächte der „Auffassung“ Ausdruck gegeben, daß Artikel 87 Absatz III über die ständigen Bundesoberbehörden, die neuen bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des, öffentlichen Rechts und die bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden „dem Bund sehr weitgehende Befugnisse auf dem Gebiete der Verwaltung geben“. Es wurde bemerkt: „Die hohen Kommissare werden der Ausübung dieser Befugnisse sorgfältige Beachtung schenken müssen, um sicherzustellen, daß sie nicht zu einer übermäßigen Machtkonzentration führen“.
Entsprechend der Bestimmung in Art. 88 Abs. III der Verfassung von Weimar ist in Art. 80 Abs. II bestimmt, daß Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benützung der Einrichtungen der Bundeseisenbahnen und des Post- und Fernmeldewesens, über den Bau und Betrieb (also den Verkehr) der Eisenbahnen vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung der Zustimmung des Bundesrats bedürfen.
Für die allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Gebiete des Auswärtigen Dienstes, der Bundeseisenbahnen, des Post- und Fernmeldewesens ist die Zustimmung des Bundesrats nicht erforderlich.
In den früheren Lesungen (zuletzt in Art. 117 der Bezifferung nach den Beschlüssen des Hauptausschusses) war in Abs. 1 bestimmt, daß „die Bundeseisenbahnen, sowie das Post- und Fernmeldewesen als einheitliche Verkehrsanstalten des Bundes verwaltet“ werden. Die Bestimmung wurde auf Antrag des Redaktionsausschusses gestrichen, um klarzustellen, daß diese Verkehrsverwaltungen sich in nichts von anderen bundeseigenen Verwaltungen unterscheiden. In Art. 117 Abs. II war bestimmt, daß die „Verwaltungen der Bundeseisenbahnen und der Bundespost je einen ständigen Vertreter bei den Regierungen der Länder bestellen“. „Wird die Bundeseisenbahn in eine andere Verwaltungsform als die der Bundesverwaltung überführt, so gilt diese Bestimmung entsprechend“. Die Bestimmung wurde nach dem gleichen Antrag des Redaktionsausschusses gestrichen. Man hat für ihre Streichung geltend gemacht, daß es sich hier um Bestimmungen handle, die durch die Entwicklung überholt seien.
In den früheren Lesungen (zuletzt Art. 118 Abs. IV in der Bezifferung nach der dritten Lesung des Hauptausschusses) war entsprechend Art. 98 der Verfassung von Weimar bestimmt gewesen, daß zur Mitwirkung in den Angelegenheiten der Wasserstraßen bei den Behörden der Bundeswasserstraßenverwaltung nach näherer Anordnung der Bundesregierung unter Zustimmung des Bundesrats Ausschüsse gebildet werden. Das Nähere sollte ein Bundesgesetz regeln. Die Bestimmung ist auf Antrag des Redaktionsausschusses gestrichen worden. Es werde der Bundesregierung anheimgegeben, durch Verwaltungsvorschrift zu regeln, ob und wieweit solche beratende Ausschüsse zur Mitarbeit herangezogen werden sollen.
Nach Art. 87 Abs. II werden als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Das Wort „Körperschaft“ ist, wie im Zuständigkeitsausschuß klargestellt worden ist, hier im Sinne der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu verstehen und umfaßt sowohl Personenkörperschaften, als auch Anstalten des öffentlichen Rechts. Solche Versicherungsträger fallen unter Art. 86. Ihre allgemeinen Verwaltungsvorschriften werden, soweit nicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, von der Bundesregierung erlassen (Art. 86 Satz 1). Die Aufsicht über solche Versicherungsträger ist unmittelbar einer bundeseigenen Behörde zu übertragen.
Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz errichtet werden (Art. 87 Abs. III Satz 1).
Nach Art. 88 errichtet der Bund eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank. Die nähere Regelung ist dem Bundesgesetz zugewiesen.
D. Polizeihilfe.
Der Art. 91 regelt die Polizeihilfe und den Einsatz der Polizeikräfte zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes. Die Bestimmung ist nach einem gemeinsamen Antrag der Abg. Dr. Laforet (CSU) und Dr. Hoch (SPD) angenommen worden. Sie will in Absatz I klarstellen, daß ein Land die Polizeikräfte anderer Länder anfordern kann. Der Abs. II will die Befugnis der Bundesregierung zum Einsatz der Polizeikräfte sicherstellen, wenn das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage ist. Die Bundesregierung kann dann die Polizei in diesem Land, aber auch die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen. Die Anordnung ist, auch abgesehen von der Beseitigung der Gefahr, auf Verlangen des Bundesrats aufzuheben.
Im Vorbehalt Nr. 3 haben die Besatzungsmächte bei der Genehmigung des Grundgesetzes erklärt, daß die „Polizeibefugnisse, wie sie in Art. 91 Abs. II enthalten Sind“ -also der Bundesregierung das Eingreifen erlauben -„nicht ausgeübt werden dürfen, bis sie von den Besatzungsbehörden ausdrücklich gebilligt sind“. Auch die „übrigen Polizeifunktionen des Bundes“ sind an die besondere Verfügung der Besatzungsmächte vom 14. April 1949 gebunden.
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